How not to be an E-Bike Hater

Erster visueller Kontakt mit dem E-Bike

Ich weiß es noch ganz genau, es war vor einigen Jahren in meiner aktiven Transalp Führungszeit als ich wieder mal den Chochoner Pass auf der bekannten Heckmair Route schiebend erklommen hatte. Wie meistens hatte ich etwas Zeit und hockte mich auf der Passhöhe in die Sonne bis alle Gäste eintrudelten. Während dieser wohl verdienten Pause entdeckte ich einen Biker welcher von der Livigno Seite hochkam. Ziemlich fit diese Schweizer dachte ich mir, als er sich rasch näherte. Auf den letztern Metern erschien es mir aber schon etwas komisch. Der Radler sah ganz und garnicht wie der klassiche überfitte ausgezehrte Marathonfahrer in Lycra aus. Die athlethische Statur suchte man vergebens, erblickte dafür einen mittvierzigjährigen Familienvater bekleidet mit langer Jean, Pornobrille und offenem Hemd das beim treten im Fahrtwind flatterte. Bergauf wohlgemerkt. Das Bike war ebenfalls alles andere als eine Carbon Rennfeile und rein optisch ordnete ich es mal in die Kategorie Inntalradweg Trekkingbike ein. Mein einziger Gedanke in dem Moment:

What the F*** – Ich bin im falschen Film.

Ein paar Jahre vergingen, die E-Bikes wurden mehr, aber waren noch nicht richtig präsent. Sie hatten ihre Nische: Verleihbikes in Hotels, Bikes für Pensionisten die nicht mehr genug Kondition für die Berge haben usw… Uninteressant also für den sportlichen Mountainbiker wie mich, der den ganzen Sommer auf Transalps unterwegs war, auf jedem Anstieg versuchte die eigenen Zeiten zu schlagen und Nachts sich damit beschäftigte neue Teile zu googeln um das letzte aus dem Gewicht des eigenen Bikes rauszukitzeln. Was sollte ich also tun mit so einer 25kg Kiste mit der man zwar Schotterstraßen easy bergauf fahren kann, aber gleichzeitig den Fahrspaß bergab auf ein unterirdisches Level senkt?

ABER…

…der Tag X musste ja kommen, und er kam. Meine erste E-Bike Tour. Ich muss zugeben es war keine Biketour, sondern eine Eisklettertour im Pinnistal, was aber nichts an der Tatsache, dass ich mein Transportgerät ziemlich geil fand. Die Betonung hierbei liegt auf dem Transport! E-Bikes sind super für Zustiege zum Klettern oder Bergsteigen, aber machen sicher keinen Spaß am Trail! Oder doch? In meinem Bekanntenkreis kristallisierten sich 4 Lager zu diesem Thema heraus:

  • Die klaren E-Bike Hater: Diese Gruppe ist meist nie am E-Bike gesessen, aber sie wissen alles darüber und können die Leute nicht ausstehen die jetzt in Bergen radeln ohne vorher verbissen dafür trainiert zu haben.

  • Das E-Bike als die dunkle Seite der Macht: Mountainbiker, welche oft ein E-Bike, oder zumindest Ahnung davon haben, es aber ausschließlich als Transportgerät benutzen. Warum? Die einen haben Angst davor es könnte Spaß machen und die anderen wollen ihrer Bikesportlichen Linie treu bleiben und beim puren Mountainbiken bleiben.

  • E-Bike als zusätzliches Spaß und Sport Gerät: Mountainbiker die das Potential des E-Bikes erkannt haben und für sich zu Nutzen wissen, ohne schlechtes Gewissen und mit allen Vor- und Nachteilen.

  • Die E-Bike Missionare: Bei denen gibt es nichts anderes mehr und sie wollen die ganze Welt davon überzeugen das E-Bikes das einzig Wahre sind.

Ich persönlich sehe mich in der dritten Gruppe. Ich muss sagen E-Biken macht Spaß und E-Biken ist Sport. Je nachdem wie man es betreibt natürlich. Nur gemütlich auf eine Alm radeln, drei Gläser Apfelsaft trinken und wieder runter rollen hat wahrscheinlich ungefähr den gleichen Kalorienverbrauch wie eine Runde am Inn entlang spazieren.

Aus sportlicher Sicht sehe ich beim E-MTB primär zwei Anwendungen:

Die eine ist das klassiche Grundlagenausdauertraining: Vorbei ist die stundenlange Bikerei in der Ebene nur um im optimalen Pulsbereich zu bleiben. Dank einstellbarer Motorunterstützung kann man jetzt auch steilere Anstiege im individell optimalen Trainingspuls hochbiken. Das Grundlagenausdauertraing wird dadurch deutlich abwechslungsreicher und attraktiver.

Die zweite Anwendung ist eine Art Ganzkörperworkout, und zwar das bergauf fahren und trialen von Singletrails. Im Vergleich zum unmotorisierten MTB fehlt hierbei zwar klar der kontinuierliche harte Krafteinsatz in steilen Rampen, dafür wird aber der restliche Körper mehr gefordert. Das schwere Bike ist natürlich etwas behäbiger beim um die Kurven lupfen oder Stufen hocharbeiten, eröffnet dennoch neue Welten in punkto Uphill. Mittlerweile gibt es sogar eine Schwierigkeitsskala für Uphilltrails. Wer dann immer noch denkt das ganze sei nicht anstrengend, soll einfach mal mit dem Christoph Malin filmen gehn, dann kriegt man nämlich noch einen dritten Akku und ein 3kg Teleobjektiv in Rucksack. Dafür entstehen dann die netten Bilder und Bewegtbilder in diesem Beitrag die der Christoph von meinen Simplon Factory Teamkollegen und mir gemacht hat.

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„Du musst doch berufsbedingt E-Bike fahren, deswegen findest du es jetzt gut.“

Diesen Satz bekomme ich des öfteren zu hören, und hier muss ich klar widersprechen. Ich habe berufsbedingt ein ziemliches Privileg und deswegen kann ich mir meine Arbeit ganz gut aussuchen. Nur weil viele E-Bikes verkauft werden, muss ich noch lange keine Reisen für E-Biker anbieten. Ich schreibe nur Programme aus von denen ich überzeugt bin, dass sie funktionieren und lässig zu guiden sind. Und genau darum gibt es heuer auch erstmals reine E-Bike Termine bei uns. Hier drei Beispiele auf die wir uns besonders freuen:

E-Bike Uphillflowdays

Mont Blanc Umrundung

E-Enduro Woche Tirol

Natürlich ist auch ein großer Teil des restlichen Programms mit E-Bikes möglich. Gemischte Gruppen funktionieren super, weil sich die E-Biker gut anpassen können. Für eine Gruppe reiner Stromradler kann man aber ganz anders planen und die Stärken des E-Bikes besser ausnutzen. Es braucht weniger Shuttles und man kann steilere Anstiege wählen, muss dafür aber eventuell mal eine Lademöglichkeit einkalkulieren. Was das Guiden selbst angeht, macht es das Material teils etwas komplizierter, man bedenke dies vor allem im Hinblick auf nicht on Tour behebbare Defekte. Deutlich erleichternd wirkt sich jedoch aus, dass Leistungsunterschiede in der Gruppe durch den Motor besser ausgeglichen werden und sich dadurch die Wartezeiten minimieren.

Wird das E-Mountainbike das Mountainbike ersetzen?

In weiten Teilen der Industrie mag es im Moment den Anschein haben, für mich aber definitiv nicht. Ein schlauer Kollege hat mir einmal von seinem Boot erzählt. Vor vielen Jahren hat er es gekauft um frei zu sein, die Freiheit zu haben immer und überall segeln zu können. Mittlerweile überlegt er aber es wieder zu verkaufen. Er sieht es nun auch als Last, es frisst Geld und es frisst Zeit, was wiederum die richtige Freiheit einschränkt. Man muss sich eben auch darum kümmern wenn man gerade nicht die Welt umsegelt.

Auch das E-Bike bietet auf den ersten Blick eine neue Freiheit. Plötzlich braucht man keine Shuttles mehr, drei Stunden Sonnenlicht nach der Arbeit reichen für ausgedehnte Touren und man muss nicht mehr ständig trainieren um fit zu bleiben für lange Ausfahrten. All diese Vorteile passen perfekt zu unserer schnelllebigen Gesellschaft und versprechen viele Möglichkeiten in kurzer Zeit. Sie werden aber teuer erkauft durch die Abhängigkeit von Strom und funktionierendem Motor. Wahre Freiheit in den Bergen sieht wohl für jeden anders aus, meiner Meinung nach ist aber der Erlebniswert einer klassischen einsamen und anstrengenden Endurotour um ein vielfaches höher als bei einer E-Bike Ausfahrt. Durch die Abhängigkeit vom Strom und der Vermeidung längerer Tragepassagen fallen viele Optionen weg, eine genauere Planung wird wichtiger, eine abenteuerliche Fahrt ins Blaue eher unwahrscheinlich.

Das E-Bike bietet in kurzer Zeit mehr Spaß, das klassische 12kg Endurobike hingegen aber mehr Freiheit und die möglichen Touren ein größeres Erlebnispotential. Ich brauche (bzw. verwende) also ganz klar beide Bikes. Keines wird das andere ersetzen können. Jedes hat seinen Einsatzzweck. Und bitte stellt mir nicht die Frage für welches ich mich entscheiden würde wenn ich nur eines haben könnte. Ich weiß es nicht.

Bis bald am Trail!

cheers

Markus

PS: Bei Fragen zum Thema E-MTB auf Trails und in den Bergen könnt ihr euch jederzeit melden.

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